Lager III Brual-Rhede

Das Lager III Brual-Rhede wurde im Jahr 1934 errichtet und war zunächst als Konzentrationslager für 1.000 Schutzhäftlinge geplant. Nach seiner Fertigstellung im Frühjahr 1934 wurde es dann jedoch von der preußischen Justizverwaltung als Strafgefangenenlager genutzt, das mit aus unterschiedlichsten Gründen Verurteilten belegt wurde.

Politische Häftlinge bildeten eine Minderheit unter den Häftlingen dieses Lagers, deren Zahl in den folgenden Jahren sehr stark schwankte. Wahrscheinlich dürften hier, ebenso wie in den anderen emsländischen Strafgefangenenlagern, überwiegend Menschen  inhaftiert gewesen sein, die auch nach heutigem Rechtsverständnis Straftaten begangen hatten, etwa Diebstahl, Betrug oder auch Kindesmissbrauch. Dazu kamen Menschen, die durch immer neue NS-Verordnungen kriminalisiert wurden, etwa sogenannte „Volksschädlinge“ oder auch Homosexuelle.

Die Strafgefangenen wurden in diesen Jahren zur Moorkultivierung in der Nähe des Lagers eingesetzt. Ihre Bewachung oblag der SA-Pionierstandarte 10, deren Angehörige die Häftlinge schikanierten, terrorisierten und prügelten. An den Alltag im Lager erinnert sich Alfred Weidenmüller, der 1937 als einer der wenigen politischer Häftling zusammen mit 300 weiteren Gefangenen aus den Haftanstalten in Waldheim und Zwickau in das Lager eingeliefert wurde:

„Wöchentlich einmal wurde jeder Gefangene zur Lagerkommandantur gerufen. Zu jeder Seite des Eingangs standen zwei Hunde. Bevor der Gefangene die Baracke betrat, musste er vor den Hunden strammstehen, die Mütze abnehmen und laut und deutlich sagen: ‚Du bist ein Herrenhund, und ich ein Schweinehund.’ Es war an einem Tag vor dem Heiligen Abend 1937. Der Tag war bitterkalt, und kaum lagen wir auf den Pritschen, als das Kommando ertönte: ‚Im Hemd raustreten!‘ Vor der Baracke 2 standen schon 600 Gefangene im Hemd bei eisigem Nordwind. Im Lager befand sich auch der Genosse Herbert Kerzig aus Chemnitz. Er war von Beruf Dirigent und betreute früher mehrere Arbeiter-Gesangvereine. Er musste im Hemd das Dach der Baracke besteigen, und unter seiner Leitung mussten wir das Lied ‚Empor zum Licht’ singen. Anschließend erkrankten 22 Gefangene an Lungenentzündung, 4 starben daran. Durch die geringe Kost und die schwere Arbeit gab es viele Erkrankungen. Krankmeldungen gab es erst dann, wenn ein Gefangener nicht mehr aufstehen konnte. Operationen wurden ohne örtliche Betäubung vorgenommen. Ich kenne 11 Fälle, dass Gefangene Selbstverstümmelungen vornahmen, indem sie Löffel, Glasscherben von zerschlagenen Wassergläsern, ja sogar Eisenteile und Nägel verschluckt haben.“

1938 wurden einige Baracken abgebaut und für allerdings nur wenige Wochen an den „Westwall“ in den Raum Zweibrücken transportiert.

Ab 1940 kamen auch in dieses Lager zunehmend von Militärgerichten Verurteilte. Der Anteil der überwiegend wegen Fahnenflucht, unerlaubter Entfernung oder ‚Zersetzung der Wehrmacht‘ Verurteilten dürfte auch in diesem Emslandlager spätestens nach 1942 deutlich über 50 % gelegen haben, obwohl für das Lager Brual-Rhede für die Zeit seines Bestehens von 1934 bis 1945 nur wenige genaue Angaben vorliegen.

Die Arbeits- und Alltagsverhältnisse verschlechterten sich in der Kriegszeit zusehends. Die Gefangenen wurden zunehmend in der Landwirtschaft und in kriegswichtigen Bereichen eingesetzt, die Arbeitszeit wurde auf 12 Stunden und mehr erhöht. 1943 errichtete die Bremer Maschinenbaufirma Klatte neben dem Lager (und beim Lager Esterwegen) ein Werk, in dem Gefangene in 12-Stunden-Schichten u.a. Flugzeugteile herstellen mussten, wobei sie giftigen Dämpfen ausgesetzt waren. Die zuletzt noch ca. 700 Lagerinsassen wurden Anfang April 1945 in das Lager Aschendorfermoor verlegt.