Historische Einordnung

Unmittelbar nach dem Reichstagsbrand erließ Reichspräsident Hindenburg am 28. Februar 1933 die Verordnung ‚zum Schutz von Volk und Staat‘ zur „Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte“. Diese Notverordnung ermöglichte es unter anderem, politische Gegner*innen ohne Angabe von Gründen und unter Ausschaltung der Justiz in sogenannte „Schutzhaft“ zu nehmen. Bis zum Juni 1933 wurden zwischen 20.000 und 25.000 Personen, überwiegend Kommunist*innen, Sozialdemokrat*innen und Gewerkschafter*innen, in bald überfüllte Gefängnisse und andere provisorische Haftstätten gesperrt.

Bereits im April erteilte das Preußische Innenministerium dem Regierungspräsidenten in Osnabrück den Auftrag, im Emsland für die Unterbringung von 3.000 bis 5.000 Gefangenen mehrere Lager einzurichten. Im Sommer schließlich wurden die Konzentrationslager Börgermoor, Esterwegen und Neusustrum als ‚Staatliches Konzentrationslager Papenburg‘ fertiggestellt und mit 4.000 männlichen Häftlingen belegt, neben politischen Gegnern bald auch u.a. Zeugen Jehovas und sogenannte „Sicherungsverwahrte“. Die Gefangenen, die sich selbst Moorsoldaten nannten, wurden bei der Kultivierung der emsländischen Moore zur Zwangsarbeit herangezogen.

Mit der Neuorganisation des KZ-Systems unter Aufsicht der SS im Sommer 1934 wurden die Lager Neusustrum und Börgermoor als KZ aufgelöst und von der preußischen Justiz als Strafgefangenenlager übernommen. Esterwegen blieb bis zu seiner ‚Verlegung‘ nach Sachsenhausen im August/September 1936 als Konzentrationslager bestehen und wurde ab Januar 1937 als Lager VII ebenfalls Strafgefangenenlager. Daneben bestanden die Justizhaftlager I Börgermoor, II Aschendorfermoor, III Brual-Rhede, IV Walchum, V Neusustrum und VI Oberlangen mit Platz für zunächst 5.500 Gefangene, bevor 1938 im mittleren und südlichen Emsland acht weitere Strafgefangenenlager errichtet wurden: Lager VIII Wesuwe, IX Versen, X Fullen, XI Gross Hesepe, XII Dalum, XIII Wietmarschen, XIV Bathorn und XV Alexisdorf.

In den Strafgefangenenlagern wurden bis Kriegsende bis zu 70.000 Menschen inhaftiert, darunter u.a. Homosexuelle, politische Gegner, sogenannte Asoziale und Menschen, die auch nach heutigem Rechtsverständnis als Kriminelle gelten. Ab Kriegsbeginn kamen zunehmend wehrmachtsgerichtlich verurteilte Soldaten hinzu. In einem Teil des Lagers Esterwegen und in Börgermoor wurden 1943/44 außerdem westeuropäische Widerstandskämpfer, sogenannte Nacht und Nebel-Gefangene, inhaftiert.

Bereits im September 1939 übernahm das Oberkommando der Wehrmacht die Lager VI und VIII bis XI und nutzte sie als Kriegsgefangenenlager für bis Kriegsende weit über 100.000 Soldaten aus der Sowjetunion, Frankreich, Belgien, Polen und Italien. Die meisten dieser Gefangenen wurden als Zwangsarbeiter in Arbeitskommandos verwendet und arbeiteten in der Moorkultivierung, im Straßenbau, der Landwirtschaft und der kriegswichtigen Industrie. Ihre Behandlung folgte einer rassistischen Hierarchie: Die sowjetischen Soldaten galten als „Untermenschen“, die die Wehrmachtsführung aus rasse-ideologischen Gründen verhungern, erfrieren und an Krankheiten sterben ließ. Ihre Todeszahl ist bis heute ungeklärt, auf sechs Kriegsgräberstätten der Emslandlager sollen laut Gräberlisten zwischen 14.250 und 26.250 sowjetische Soldaten ruhen.

1944/45 dienten die Lager Dalum und Versen der SS kurzzeitig als Außenlager des KZ Neuengamme.

Im April 1945 wurden die Häftlinge der Emslandlager von britischen, kanadischen und polnischen Truppen befreit.