Lager IX Versen

Das Lager IX (Neu)Versen wurde als eines von acht neuen Emslandlagern 1938 mit Platz für 1.500 Strafgefangene errichtet. Zuvor war aus dem mittleren und südlichen Emsland der Reichsarbeitsdienst abgezogen worden, der die Kultivierung der linksemsischen Moorgebiete leisten sollte. Zu geringe Arbeitsergebnisse und die fehlende Möglichkeit, im Rahmen einer vorgesehenen beschleunigten Emslandkultivierung ausreichend Arbeitsdienstleute zur Verfügung stellen zu können, führten zum Beschluss der Errichtung dieser neuen Lager, deren Häftlinge die Moorkultivierung vorantreiben sollten.

Während die meisten anderen neuen Lager vor Kriegsbeginn nicht mehr mit Strafgefangenen belegt wurden, ist für den Sommer 1939 im Lager Versen die Zahl von 900 Häftlingen aufgeführt.

Im September 1939 wurde das Lager als eines von neun Emslandlagern vom Oberkommando der Wehrmacht übernommen und als Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager (Stalag) VI B mit den Zweiglagern Oberlangen, Fullen und Wesuwe eingerichtet. Zunächst war es ein Durchgangslager für Tausende von Kriegsgefangenen aus Polen, Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Im Mai 1942 wurde das Stalag VI B Versen mit dem Stalag VI C Bathorn zusammengelegt. Das Lager Versen war nun eines der sieben Zweiglager des Stalag VI C Bathorn.

Ab September 1943 bis 1944 waren hier wie auch in anderen emsländischen Kriegsgefangenenlagern italienische Militärinternierte untergebracht.

Nach dem Sturz Mussolinis hatte die neue italienische Regierung unter Marschall Pietro Badoglio den Kriegsaustritt Italiens erklärt. Einen Tag später löste das Oberkommando der Wehrmacht, das auf diesen Kriegsaustritt, in der Propaganda als „Verrat“ bezeichnet, vorbereitet war, den Fall „Achse“ aus. Er sah die Entwaffnung aller italienischen Soldaten und ihre Übernahme in die Kriegsgefangenschaft mit dem Ziel vor, sie umgehend als Arbeitskräfte in der Rüstungswirtschaft und beim Bau des Ostwalls einzusetzen.

Am 20. September ordnete Hitler an, die Kriegsgefangenen zukünftig als „italienische Militärinternierte“ zu bezeichnen. Damit unterlagen sie nicht mehr dem Schutz der für Kriegsgefangene geltenden internationalen Abkommen und des Internationalen Roten Kreuzes.

In den Kriegsgefangenenlagern mussten Italiener bei schlechtester Ernährung und unzureichender medizinischer Versorgung unter ungewohnten klimatischen Verhältnissen schwerste Arbeiten in landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben verrichten. Hier wurden sie deutlich schlechter behandelt und verpflegt als die Angehörigen der anderen Nationen, mit Ausnahme der sowjetischen Kriegsgefangenen.

Ab November 1944 wurden in dieses Lager, in dem teilweise noch Italiener interniert waren, (und ab Januar 1945 auch in das Lager Dalum) Häftlinge des Konzentrationslagern Neuengamme verlegt, um Verteidigungsanlagen, den sog. „Friesenwall“, zu bauen. Ein dänischer Häftling erinnert sich an die Arbeit:

„Die Arbeit wurde für die Wehrmacht ausgeführt. Wir hoben Schützengräben um Meppen herum aus. Die Arbeit war völlig zwecklos, weil der ‚Feind’ gar nicht durch die Wälder kam, sondern einfach auf der Landstraße. Wir hatten also schöne Gräben gemacht in den Wäldern rund um Meppen im Sand, so dass die Gräben wieder einstürzten. Die Arbeitszeit war sehr lang, der ewige Regen ermüdend. Trotzdem konnte man die Arbeit nicht außergewöhnlich schwer nennen. Was die Häftlinge so schwer mitnahm, was die vielen Toten kostete, das war nicht so sehr die Schwere der Arbeit, sondern die übermäßig lange Arbeitszeit, die völlig ungenügende Bekleidung, die dauernde Nässe und die völlig ungenügende Nahrung und vor allem keine Wärme.“

Allein zwischen dem 16. November und dem 6. Dezember wurden beim Standesamt Versen 199 Todesfälle registriert. Am 29. März 1945 waren in Versen noch 1773 KZ-Häftlinge registriert. Bis zu ihrem Rücktransport im März 1945 starben 566 der insgesamt bis zu 4000 in die beiden Lager Versen und Dalum eingelieferten KZ-Häftlinge aus 16 Ländern. Die Toten wurden in Massengräbern auf dem Lagerfriedhof beigesetzt. Am 25. März 1945 wurden die noch arbeitsfähigen Häftlinge zu Fuß oder per Bahn nach Cloppenburg in Marsch gesetzt. Das Lager wurde anschließend nicht mehr belegt.