Archiv und Sammlung
Eine Kernaufgabe des DIZ Emslandlager ist es, die eigene umfangreiche Sammlung zu betreuen und sie für Öffentlichkeit, Bildung und Forschung zugänglich zu machen. Die Anfänge der Sammlung gehen auf Überlebende zurück sowie auf engagierte Bürger:innen, die zu ihnen den Kontakt suchten. Im Strom der Geschichtswerkstätten- und Gedenkstättenbewegung der späten 1970er- und der 1980er-Jahre sammelten und dokumentierten zunächst Studierende der Universität Oldenburg und der Arbeitskreis Carl-von-Ossietzky Emsland/Ostfriesland, dann das 1981 gegründete Aktionskomitee DIZ Emslandlager Zeugnisse von Überlebenden und deren Geschichten, schriftlich, auf Kassette und Videoband. Ab 1984 fand die Sammlung im ersten Gebäude des DIZ in Papenburg einen vorläufigen Ort und mit ihr konnte eine erste Dauerausstellung gestaltet werden. Seit dem wird sie von den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen des DIZ Emslandlager betreut und bearbeitet.
Seit den 1970er-Jahren bis heute wurden Selbstzeugnisse, Quellen und Materialien zu weit mehr als eintausend Häftlingen und Gefangenen aus allen Phasen der Geschichte der Emslandlager zwischen 1933 und 1945 zusammengetragen. Gelingen konnte und kann das nur durch den permanenten engen Austausch mit den Überlebenden und ihren Angehörigen. Nur so lassen sich die Sammlungsobjekte nicht nur dokumentieren, sie können mit den Lebenswegen der Häftlinge verknüpft werden und helfen, deren Biographien zu erzählen.
Zur einmaligen Sammlung des DIZ gehört neben einer Vielzahl an schriftlichen, mündlichen und audio-visuellen Erinnerungsberichten ein großer Bestand an Briefen, seltenen Tagebüchern und Objekten, die entweder aus der Lagerzeit stammen oder nach der Befreiung von den Verfolgten hergestellt wurden (darunter mehrere Liedblätter mit dem „Moorsoldatenlied“). Die in der Sammlung befindlichen Quellen und Objekte dokumentieren dabei auch, wie von den Verfolgten ihr Schicksal bereits von 1933 an erinnert worden ist, bis 1945 im Lager, im Geheimen oder im Exil (etwa durch Wolfgang Langhoff und sein Buch „Die Moorsoldaten“), nach 1945 gegen das Beschweigen in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik (etwa mit den „Moorsoldatentreffen“ 1955 und 1956), dann schließlich als Bestandteil der Arbeit des DIZ durch den intensiven Austausch mit ehemaligen Häftlingen und Gefangenen bei unzähligen persönlichen Begegnungen oder während der zehn großen, mehrtägigen „Moorsoldatentreffen“ in Papenburg zwischen 1989 und 2007. Mit der Sammlung Volker Schröder gehört neuerdings ein großes Medienarchiv zur Sammlung; es dokumentiert u.a. viele Gespräche und Begegnungen mit Überlebenden und Angehörigen seit den 1990er-Jahren. Künstlerische und andere Zeugnisse der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Emslandlager, die nicht von Verfolgten stammen, ergänzen die Bestände.
Die Sammlung ist somit nicht nur ein unersetzbarer Teil der Auseinandersetzung mit den Emslandlagern. Sie ist auch selbst Zeugnis des Leidens und Überlebens, des Lebens der ehemaligen Häftlinge insgesamt und der lange verdrängten Geschichte der Emslandlager in der Region. Die Sammlung zeugt zudem von der Widerständigkeit der Überlebenden bis ins hohe Alter. Sie verweist auf die Beharrlichkeit, mit der sie gemeinsam mit jungen Menschen das Ziel eines würdigen Gedenkens, einer umfangreichen Dokumentation und einer engagierten und kritischen Bildungsarbeit verfolgten. Das Archiv weist dabei einerseits Charakteristika eines Bewegungsarchivs auf, verfolgt aber ebenso eine professionelle Praxis der Erschließung und Bewahrung.
Seit der Errichtung der Gedenkstätte Esterwegen im Jahr 2011 sind viele Objekte und Quellen, Geschichten und Erinnerungen aus der Sammlung des DIZ integraler Teil der Ausstellung und Bildungsarbeit der Gedenkstätte. Auf Basis der Sammlung oder Teilen von ihr entstanden und entstehen seit vier Jahrzehnten wissenschaftliche Haus-, Diplom- und Examensarbeitens, Dissertationen, Radiosendungen, CD-Editionen, Film- und TV-Produktionen.
Zu den Beständen gehören unter anderem:
- Nachlässe und Nachlasssplitter von ehemaligen Häftlingen (Günter Daus, Ludwig Baumann uam.)
- die weltweit umfangreichste Sammlung zum „Börgermoorlied“ (Lied der Moorsoldaten), darunter mehrere Hundert Interpretationen auf Kassette, CD und Schallplatte, künstlerisch gestaltete Partituren und umfangreiche Zeugnisse zur Geschichte des Lieds
- Selbstzeugnisse und künstlerische Zeugnisse aus der Zeit der Haft, darunter Schnitzfiguren aus „Mooreiche“, mehrere Tagebücher und Gedichthefte, Kulturprogramme von französischen Kriegsgefangenen, Schachspiele, gestaltete Gegenstände aus dem „Lageralltag“ und zahlreiche Zeichnungen
- Briefe und Postkarten aus der Zeit der Haft in den Emslandlagern und darüber hinaus
- Selbstzeugnisse und künstlerische Zeugnisse aus der Zeit nach der Haft, darunter Erinnerungsberichte und Manuskripte, künstlerische Auseinandersetzungen von Überlebenden
- Die Sammlung des Künstlers und Überlebenden Ernst Walsken
- Die Sammlung des Künstlers Detlef Kappeler
- Audio- und Videointerviews mit Überlebenden, darunter über 150 aus dem Bestand des DIZ und die umfangreichen Interview-Bestände des Historikers Hans-Peter Klausch (diese sind in großen Teilen digitalisiert)
- die Sammlung des Filmemachers Volker Schröder, darin Fotografien, Interviews mit Überlebenden, Momentaufnahmen der ehemaligen Lagerstandorte und Straßeninterviews mit Bürger:innen in Papenburg, sowie umfangreiche Dokumente zur Entstehung des Films WENN ICH IN DIE TIEFE SCHAUE (1993)
- der wissenschaftliche Nachlass des Historikers Hans Peter Klausch (u.a. zu Tätern in den Emslandlagern, dem Häftling Jakob de Jonge, den Bewährungsbataillonen 999 und 500)
- historische Fotoalben und Fotos aus dem Kontext der Lagerbewachung sowie eine Sammlung von Fotoalben des „Reichsarbeitsdienstes“ im Emsland
- Presseartikel aus den Jahren 1933-1945 sowie der Zeit nach 1945
- Quellen und Dokumente zur Geschichte des Vereins und seiner Vorläufer, darunter Materialien zur Carl-von-Ossietzky Universität Oldenburg, Broschüren des Arbeitskreises Carl-von-Ossietzky Emsland/Ostfriesland, Unterlagen zur Vereinstätigkeit ab 1981
- Kopien aus Archiven weltweit zur juristischen Aufklärung und zur Schicksalsklärung von Häftlingen
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Ausführliche Informationen sowie ggf. Bestandsübersichten können Sie gerne auf Anfrage erhalten.
Das Archiv ist naturgemäß kein fertiges. Weiterhin bemühen wir uns darum, die Bestände zu ergänzen und auszubauen. Wenn Sie uns deshalb etwas anbieten möchten, unsere Bestände einsehen oder nutzen wollen, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf!
Bibliothek
Auch die DIZ-Bibliothek, anfänglich als kleine Handbibliothek eingerichtet, besteht inzwischen aus mehr als 6.000 Büchern, Zeitschriften und Broschüren. Möglich wurde die relativ rasche Bestandserweiterung durch eine Vielzahl von Spenden; zahlreiche Verlage aus Deutschland, Österreich, Luxemburg und der Schweiz haben den Aufbau der themenbezogenen DIZ-Bibliothek unterstützt.
Hinzu kommen zahlreiche Schenkungen aus dem Privatbesitz ehemaliger Lagerinsassen und von Vereinsmitgliedern. Es ist nicht nur die Geste der Verbundenheit, die gerade ihrer Unterstützung mit Literatur eine besondere Bedeutung gibt: Häufig handelt es sich bei den geschenkten Büchern um lange Jahre vergriffene Titel, die kurz nach 1945 oder in den 1950er und 1960er Jahren erschienen, oder um solche, die in der ehemaligen DDR verlegt wurden.
Die Bibliothek kann zu den Öffnungszeiten des DIZ nach vorheriger Anmeldung von allen Interessierten genutzt werden.